Unsichere Konjunkturprognosen

«Good News is Bad News» – ob man den optimistischen Verlautbarungen der letzten Wochen und Monate tatsächlich hat Glauben schenken dürfen? Die OECD warnt nun vor einer Rezession.

Die neueste Konjunkturprognose der OECD wurde gegenüber der Progose vom Mai 2011 um fast 2% korrigiert. OECD-Chefökonom Pier Carlo Padoan sieht einen «Double Dip» als realistisches Szenario. Damit ist gemeint, dass der Konjunkturverlauf zwei Einbrüche wird hinnehmen müssen.

Noch vor einigen Wochen waren führende Experten – unter anderem unserer systemrelevanten Banken – noch unsicher, ob die Konjunkturentwicklung einen L-, W- oder V-förmigen Verlauf nehmen wird. Eine Rezession wurde fast kategorisch ausgeschlossen.

Ob das Wunschdenken war oder nicht, wird sich noch zeigen müssen. Dennoch ist die aktuelle Korrektur der vorangehenden OECD-Prognose vor drei Monaten ausgesprochen drastisch ausgefallen.

Die OECD ortet fünf Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussten:

  • steigende Rohstoffpreise als Preistreiber;
  • Nachfragerückgang durch Sparanstrengungen wichtiger Staaten;
  • Nachfragerückgang durch zurückhaltende Haushalte;
  • Unsicherheit durch das Handeln der Politik in jüngerer Zeit;
  • Stillstand in Japan nach Tsunami und Fukushima.

Für die Schweizer Unternehmen besonders schmerzlich ist der Ausblick auf das deutsche BIP, das im Q4/2011 um bis zu 1.4% kleiner geschätzt wird als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Finanzminister Rösner hält, wie er am Donnerstag anlässlich der Präsentation der jüngsten Exportstatistiken sagte, Ängste vor einer Rezession für völlig unangebracht.

Die Volatilität der Prognosen weckt Zweifel, ob die Prognosemodelle der Vielzahl sich bewegender Variablen überhaupt noch gerecht werden können. Wo der Bund gerade dabei ist, die vergebens gekauften Tamiflu-Vorräte zu entsorgen, die meisten von uns die Vogelgrippe überlebt haben und das Wetter am Nordkap für tropische Nächte sorgt, fragt sich sicher der eine oder andere, ob die Expert/innen vielleicht zwischendurch mal wieder den Blick vom Computer auf das reale Leben lenken sollten.

Und sie sind ja auch noch da, etwas leiser, die Stimmen, die auf die vollen Auftragsbücher verweisen, auf die letztes Jahr vielerorts erzielten Gewinne, und die Tatsache, dass die Situation heute noch immer besser ist als vor der Krise.