Kanton St. Gallen will Löhne kürzen

Entgegen dem Willen der Regierung stehen Lohnkürzungen beim Staatspersonal von 1.5% ab 2013 zur Diskussion.

Der gegen ein Defizit kämpfende Kanton St. Gallen ist vom Parlament zusätzlich zum bereits beschlossenen Sparpaket von 200 Mio. zu einer weiteren Sparmassnahme im Umfang von 16 Mio. angehalten worden.

Um diese ebenfalls umsetzen zu können, sieht sich die Regierung zu Massnahmen im Personalbereich gezwungen. Sie weist darauf hin, dass das Personal bereits wesentliche Sparbeiträge geleistet habe. Der definitive Entscheid wird im Parlament bei der Budgetberatung für 2013 gefällt.

Die Beurteilung von Lohnentwicklungen in öffentlichen Betrieben ist ein schwieriges und komplexes Thema. Insbesondere, da kein konkreter Output im industriellen Sinn am Markt an Kunden veräussert wird, fehlen einer solchen Organisation wichtige Anreize. Dazu kommt, dass die Leitung einer solchen Verwaltungseinheit durch Entscheide des Parlaments oder Weisungen der Exekutive nicht gerade einfach sein dürfte, was auch die Unternehmenskultur mitbestimmt.

In früheren Jahren wurden im öffentlichen Dienst Lohnsysteme eingesetzt, die sich am Lebens- und/oder Dienstalter orientiert haben. Egal, welche Leistung erbracht wurde, jedes Jahr ging es bergauf mit dem Lohn.

Da eine öffentlichen Verwaltung keinen Anreiz zu Leistung aus einem Markt erhält, ist zu hinterfragen, ob unter diesen Umständen überhaupt ein leistungsorientierter Lohn bestimmt werden kann. Und wenn ja, auf Basis welcher Kriterien?

Die Entwicklung der Löhne in öffentlichen Unternehmen hat daher ihre eigene Dynamik. Es dürfte Mitarbeitende geben, die gemessen an ihrer Qualifikation, Verantwortung und individueller Leistung überbezahlt sind, und andere, bei denen das Gegenteil zutrifft.

Eine Konsolidierung in Richtung gerechter und transparenter Löhne – nicht zuletzt im Interesse der Steuerzahler – wird nicht leicht sein. Kantonale wie kommunale Ämter klammern soziale Aspekte nicht einfach aus, sondern beschäftigen auch Personen, die anderswo keine Chance mehr auf Beschäftigung hätten. Das ist gesellschaftlich erwünscht und muss letztlich vom Steuerzahler unterstützt werden. Ob die Politiker, welche das Zusatz-Sparpaket durchgedrückt haben, mehr als die eigene Nasen- bzw. Parteispitze bei der Zustimmung gesehen haben, darf bezweifelt werden.

Diese komplexe Ausgangslage wird durch eine pauschale Lohnsenkung verschärft und bestehende Ungerechtigkeiten werden klarer sichtbar. Es wäre wohl an der Zeit, die individuellen Löhne bei Staatsangestellten genauer unter die Lupe zu nehmen und sowohl die «Abzocker» zu identifizieren, als auch die Unterbezahlten. Ob unter dem Strich eine Lohnsenkung herauskäme, ist alles andere als sicher, was mit ein Grund sein dürfte, eine solche Massnahme gar nicht erst anzusprechen.

Im Falle des Kantons St. Gallen sehen sich die Gewerkschaften bereits wieder als die Retter der Löhne und sind in Position gegangen. Es würde kaum verwundern, wenn aus dieser Ecke die Forderung käme, mit dem Sparkapital des Kantons in Höhe von 1 Mia. das Leben auf Pump weiter zu finanzieren.

Politisch motivierte Sparübungen des Parlaments in der öffentlichen Verwaltung zulasten des Personals können nicht im Sinne der Bürger/innen sein. Der Staat erfüllt, zumindest in der Theorie, Aufgaben im Auftrag des Gemeinwesens. Dabei trägt die Verwaltung eine grosse Verantwortung und jeder hat dazu beizutragen, dass die Aufgaben erfüllt werden können.

Dass Kosteneinsparungen in der Verwaltung möglich sind, ist keine Frage. Doch seit die Politik die Verwaltung als Werbefläche für die nächsten Wahlen entdeckt hat, wird die Dichte populärer, aber nicht zwingend notwendiger Aufgaben immer höher. Anders als ein privates Unternehmen hat die Verwaltung nicht die Wahl, Leistungen vom «Markt» zu nehmen.

Wenn sich die Politik besinnt und «desinvestiert» statt unaufhörlich legiferiert, wenn nicht nach fast jeder Wahl ein neues Schulmodell eingeführt würde, die Liste hoheitlicher Aufgaben nicht ständig verlängert würde, dann wären auch die Kosten im Lot.

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