Stagnierende Löhne trotz geringer Arbeitslosenzahlen

Im «World Economic Outlook, October 2017» publizierte der Internationale Währungsfonds (IMF) einen umfangreichen Bericht, der sich mit der Relation stagnierende Löhne und geringe Arbeitslosenzahlen beschäftigt. Die Feststellung: Stagnierende Löhne trotz geringer Arbeitslosenzahlen.

Volkswirtschaftliche Modelle gehen grundsätzlich von der Annahme aus, dass sinkende Arbeitslosigkeit wegen der Angebotsausweitung zu höheren Löhnen führt. Doch in der Realität stagnieren die Löhne. Der Bericht des IMF ist der Frage nachgehen, weshalb die Nominallöhne seit der Finanzkrise tendenziell nicht mehr steigen. Verglichen wurde das aktuelle Lohnwachstum mit den Jahren vor der Finanzkrise.

Die Studie des IMF zeigt in Industrieländern ein deutlich geringeres Lohnwachstum als von den sinkenden Arbeitslosenquoten zu erwarten wäre. Vor allem in Ländern, in denen die Arbeitslosenquote zwischenzeitlich stark gesunken ist, erscheint dies verwunderlich.

Der IMF sieht drei zentrale Faktoren zur Erklärung des Phänomens: «labor market slack, inflation expectations, and trend productivity growth», also Arbeitsmarktreserven, Teuerungserwartungen und Produktivitätswachstum.

Weshalb Arbeitsmarktreserven, wo doch die Arbeitslosigkeit gesunken ist? Die Arbeitslosigkeit sei, so der IMF, eigentlich gar nicht so stark gesunken, wie ausgewiesen. Denn viele Menschen seien «unfreiwillig teilzeitarbeitend» und in Wirklichkeit weiterhin auf der Suche nach einer (Vollzeit-)Stelle.

Heute sind im Vergleich zur Zeit vor der Finanzkrise viel mehr Menschen teilzeitbeschäftigt, die lieber mehr arbeiten würden. Diese Personen erscheinen logischerweise nicht in den Arbeitslosenzahlen, doch sie sind weiterhin auf der Suche nach Stellen (mit einem höheren Pensum). Dies führt dazu, dass sie sich wie Arbeitslose verhielten und dadurch als Konkurrenten für Vollzeitbeschäftigte fungierten. Damit steige der Druck auf die Löhne.

Der Beitrag der NZZ thematisiert vor allem diesen Effekt, erwähnt am Rande die Arbeitsproduktivität und blendet die seit 2011 konstant negative Teuerung ganz aus. Die Inflation ist der zentrale Faktor für generelle Lohnerhöhungen; traditionell sind generelle Lohnerhöhungen hoch korrelliert mit dem Teuerungsniveau.

Da der NZZ-Beitrag sich auf den Bericht des IMF bezieht, hat Lohntendenzen.ch selbst einen Blick in die Studie geworfen. Der Bericht des Internationalen Währungsfonds geht sehr wohl auch auf die niedrigen oder ausgebliebenen Teuerungen ein und nennt dies als einen der zentralen Faktoren für die kaum vorhandenen Lohnerhöhungen. Wir erlauben uns daher, den Artikel der NZZ mit diesem Hinweis auf die Teuerung zu vervollständigen.

Link zu NZZ-Beitrag vom 29.09.2017

Link zu IMF-Bericht